Vom Werken zur Berufs- und Arbeitswelterfahrung
Unser Profilkonzept „Vom Werken zur Berufs- und Arbeitswelterfahrung im Verlauf der Schulzeit“ entstand bereits kurz nach Gründung der Freien Werkschule Meißen durch die Werkschulpädagogen unter Einbeziehung von Eltern und Vertretern der Wirtschaft. Es ist eine der wesentlichen pädagogischen Säulen der Werkschule.
Kreatives Schaffen als wesentliche Lust unseres Daseins
Erst handwerkliche Fähigkeiten und Fertigkeiten setzen bei einem Menschen kreative Prozesse in Gang und ermöglichen es ihm, in vielfältiger Form gestalterisch tätig zu sein. Kreatives Schaffen ist eine wesentliche Lust unseres Daseins, der Anfang allen Werdens. Unser Schulprofil will diesen Schaffensprozess unterstützen, indem es vielfältige handwerklich künstlerische Anreize setzt und handwerkliche Entwicklung ermöglicht.
Dazu sind Prozesse nötig, die konsequent aufeinander aufbauen und für die Schüler nachvollziehbar und gestaltbar sind. Die Kinder und Jugendlichen erfahren, dass Übung und Zusammenarbeit, Anstrengung und Ausdauer wichtig sind bei der Schaffung eines Werkes. Und sie erleben die Freude, wenn das Werk gelungen ist.
Diese Erfahrungen bei der Schaffung eines Werkes sind auf alle Prozesse des Lebens und Lernens übertragbar und deshalb wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung.
Dazu kommt, dass das wörtlich gemeinte „Begreifen“ ein wesentlicher Baustein bei der Fähigkeit des Abstrahierens ist. Handwerk und Kunst bilden zudem die ideale Möglichkeit, einzelne Kenntnisse verschiedener Fachdisziplinen anzuwenden, zu verknüpfen und zielorientiert in neue Zusammenhänge zu bringen.
Die Inhalte praktischer und künstlerischer Arbeit sind für die Schüler sinnhaft und mit ihrer Erlebniswelt verknüpft. Vorhaben und Ergebnisse nützen der Schulgemeinschaft möglichst nachhaltig. So entsteht Identifikation mit dem Thema und Intensität bei der Bearbeitung. Die soziale Erziehung der Schüler wird geschult.
Die Arbeiten sollen auch für den Einzelnen nachhaltig sein. Deshalb werden ab Klasse 7 alle erworbenen Spezialkenntnisse dokumentiert und in Form von Zertifikaten für Projekte, Wettbewerbsurkunden und Einschätzungen zu Praktika ausgehändigt. Für die Jugendlichen entsteht so ein Curriculum, das ihre berufliche Entwicklung unterstützen kann.
Prozess der Berufsorientierung von Klasse 7 bis 10
Wir legen großen Wert darauf, die Schülerinnen und Schüler bei ihrer Berufsfindung zu begleiten. Dieser Prozess beginnt in Klasse 7 und ist in sich logisch strukturiert. Die aktive Kooperation der Freien Werkschule Meißen mit Unternehmen und Organisationen der Region ist wesentlicher Bestandteil unseres Konzeptes zur Berufsorientierung.
Durch die langjährige Zusammenarbeit zwischen der Werkschule mit Unternehmen und Organisationen ist eine hohe Qualität im Zusammenwirken zwischen Schule und Wirtschaft entstanden. Kontinuität in den Beziehungen ist dabei entscheidend.
Praxistag in Klasse 7
Die Lebens-, Interessens- und Erfahrungswelt der Jugendlichen kollidieren in der Pubertät zunehmend mit den Anforderungen und Erwartungen der Schule. Schulabläufe und Unterrichtsinhalte werden kritisch hinterfragt, die Lernmotivation lässt oftmals nach. In diesem Spannungsfeld setzt unser Praxistag an.
Im Praxistag arbeiten die Schülerinnen und Schüler im 14tägigen Wechsel einen Schultag lang in Einrichtungen und Betrieben der Region. Sie knüpfen erste niedrigschwellige Kontakte zur Arbeitswelt und erhalten Einblicke in Arbeitsabläufe. Die Jugendlichen können ihre theoretisch erworbenen Kenntnisse in praktischen Bereichen erproben – der Sinn von Schule und Lernen erschließt sich.
Die Jugendlichen erhalten im Praxistag Kontakt zu erwachsenen Anleitern und müssen lernen, Dienstanweisungen zu beachten. Um zu ihrem Praxisbetrieb zu kommen, müssen sich die Schülerinnen und Schüler im ÖPNV orientieren.
Werkstatttag in Klasse 8
Ab der Klassenstufe 8 gibt es einen Werkstatttag, an dem in zusammenhängenden Epochen thematische Kurse mit folgenden Schwerpunkten stattfinden:
- Lehm – Bau – Keramik
- Holzgestaltung
- Textiles und Design
- Land- und Hauswirtschaft
- Soziales
Diese Schwerpunkte umfassen in vernetzter Form die Inhalte des Sächsischen Lehrplans für den Bereich Wirtschaft, Technik, Hauswirtschaft und Soziales (WTH), verbunden mit Elementen eines künstlerisch-praktischen Unterrichts. Für die Umsetzung werden externe Fachleute hinzugezogen.
Die Jugendlichen erleben neue Anforderungen, die sich aus den Erfahrungen und Erwartungen der außerschulischen Kooperationspartner ergeben. Ihr gewohntes Umfeld gibt ihnen in dieser Klassenstufe noch die nötige Sicherheit.
Parallel zum Werkstatttag können die Jugendlichen erneut Berufserfahrungen außerhalb der Schule sammeln, dieses Mal durch ein zweiwöchiges Übungspraktikum. Dazu haben wir mit zahlreichen Betrieben und Institutionen Kooperationsvereinbarungen geschlossen. Die Einsatzbereiche knüpfen an die Schwerpunkte des Werkstatttages an. Die Schülerinnen und Schüler können ihr Übungspraktikum bei einem dieser Partnerbetriebe frei wählen.
Die Praktikumsplätze der einzelnen Unternehmen sind allerdings begrenzt, wodurch ein Konkurrenzdruck entsteht. Zum ersten Mal erleben die Schüler, wie wichtig es ist, sich gut und interessant zu bewerben. Die Bewerbung erfolgt mit Hilfe der Deutschlehrer. Gemeinsam wird ein Stärkenprofil erarbeitet und das Vorstellungsgespräch geübt.
Als Abschluss des Bewerbungsverfahrens lädt der Betrieb zu einem realen Vorstellungsgespräch ein und entscheidet danach über die Vergabe des Praktikumsplatzes.
Werkstatttag in Klasse 9
Die Schülerinnen und Schüler können ihr Betriebspraktikum frei wählen. In diesem 14-tägigen Praktikum entscheiden sich die Jugendlichen sehr bewusst und selbstständig für ihre Einsatzbereiche und loten berufliche Perspektiven aus.
An dieses Praktikum schließen sich Berufsberatungsgespräche an. Zunächst finden die Gespräche mit der Schülerin oder dem Schüler, dem für das Praktikum verantwortlichen Pädagogen und bei Bedarf den Eltern statt. Vertiefend kommt das Arbeitsamt hinzu.
In einer WTH-Projektwoche werden Themen vertiefend anwendungsorientiert behandelt.
Wer weiß, wie eine Klingel oder eine Alarmanlage funktionieren? Wahrscheinich die wenigsten. Deshalb greift der Lehrplan der Klasse 9 im Bereich „Wohnen/Wohnumfeld“ genau diese Fragen auf. Nun könnte man die Funktionsweise von Signalanlagen im Lehrbuch studieren. Man kann es aber auch selbst ausprobieren. Unter dem Werkschulmotto „theoretisches Lernen durch praktisches Tun“ bauen die Schülerinnen und Schüler unter fachlicher Anleitung ihre eigene Musicbox. Die Jugendlichen bekommen vom Fachmann wertvolle Tipps zum Löten und Bauen.
Bei der künstlerischen Holzbearbeitung können die Schülerinnen und Schüler auf ihre Kenntnisse aus den vorangegangenen Schuljahren zurückgreifen. Das Schnitzen von konkaven und konvexen Formen sollte nun kein Problem mehr sein.
Werkstatttag in Klasse 10
In Klasse 10 findet ein drittes Praktikum statt. Schülerinnen und Schüler, die sich um einen Ausbildungsplatz beworben haben, haben durch das Praktikum die Gelegenheit zum Probearbeiten. Diejenigen, die sich bei der Wahl ihres Ausbildungsberufes noch unsicher sind, können vertiefende Einblicke gewinnen.
Schüler, die das Abitur anstreben, können während der Praktikumszeit vertiefende Einblicke in Universitäten und Hochschulen erhalten. Dazu haben wir eine Orientierungswoche für zukünftige Abiturienten eingerichtet.
In Klasse 10 werden die Jugendlichen bei Bedarf auch innerhalb der Schule durch die Agentur für Arbeit beraten.
Kooperation als win-win-Situation
Durch die kontinuierliche Verbindung zur Partnerbetrieben gestalten wir die Berufsorientierung praxisnah und erleichtern den Jugendlichen den späteren Einstieg in die Berufswelt.
Wir setzen auf die Regelmäßigkeit des Werkstatttages und auf eine dauerhafte Beziehung zu den Unternehmen, die ihrerseits daran interessiert sind, eine dauerhafte und verlässliche Kooperation mit der Werkschule aufzubauen. Eine win-win-Situation.